Puhhh… ich weiß gar nicht so richtig wie ich anfangen soll von Rumänien zu erzählen. Wir sind in dieses Land gefahren mit dem Wissen dass es sehr, sehr arm ist, es viele Straßenhunde gibt, viel Kriminalität und anscheinend sehr gastfreundliche Menschen. Aber was wir hier sehen ist so viel schlimmer als wir erwartet haben. Wir sind jetzt im 13. Land unserer Reise und fühlen uns das erste Mal unwohl. Und leider wird es nicht besser, sondern von Tag zu Tag schlimmer.
In der ersten Nacht haben wir vor einem Kloster übernachtet. Dort wurden wir nachts um zwei von einem Bettler geweckt, der gegen unser Wohnmobil geklopft hat. Ich weiß nicht welchen Gedanken ich schlimmer finde: Der, dass derjenige so verzweifelt ist, dass er mitten in der Nacht an Wohnmobile klopft, oder der, dass er geschaut hat wie tief wir schlafen. Wir werden es nie erfahren, aber Jacky hat ihren Job gut gemacht und laut angefangen zu bellen. Das komische Gefühl ist also schon nach der ersten Nacht da.
Die Straßenhunde sind für mich hier mit das schlimmste. Wir haben auf unserem Weg durch Rumänien 334 wilde Hunde gezählt (ja, wir haben wirklich mitgezählt) . In ganzen Rudeln ziehen sie durch die Straßen und Wälder. Das größte Rudel das wir sahen bestand aus acht! Hunden. Es ist kaum möglich mit Jacky auch nur eine kleine Runde zu gehen, ohne dass sie von Hunden bedrängt wird. Bis jetzt ging alles gut und sie waren anständig, aber wenn mehrere fremde, freilaufende, oft kranke und nicht einschätzbare Hunde um Jacky herumwuseln und knurren und bellen, glaubt mir, da pocht das Herz. Wenn man ohne Hund unterwegs war, waren die Hunde auf jeden Fall freundlicher.
Die Hunde tun mir dennoch unendlich leid. Viele humpeln, haben nicht mehr alle Beine oder keinen Schwanz, nur noch ein Auge, sind schwanger, haben kein Fell oder liegen bereits tot überfahren auf der Straße oder am Straßenrand. Wir fahren durch die Straßen und man sieht soviel Leid. Die Rumänen haben sich, wie es aussieht, gut mit den Straßenhunden arrangiert. Ab und zu sieht man wie einer gestreichelt wird, oder wie ihm ein Stück Brot hingeworfen wird. Hier müsste die Politik mehr machen. Ohne konsequente Kastrationen werden sie dieses Problem nie in den Griff bekommen.
Seit wir durch Rumänien fahren habe ich ein bisschen mein Lächeln verloren. Das erste Wort das mir auf der Fahrt eingefallen ist, war „trostlos“. Das trifft es perfekt. Überall liegt Müll und alles zerfällt und verkommt. Die Armut ist an vielen Stellen direkt zu spüren und man hat das Gefühl als hätten die Menschen aufgegeben. In Litauen zum Beispiel, sah man die Armut auch, aber alles war gepflegt und die Menschen wirkten zufrieden. Hier wird unser relativ neues Wohnmobil mit deutschem Kennzeichen gesehen und wir werden angebettelt oder sehr schräg angesehen. In den Touriecken hat man, mehr schlecht als recht, versucht nach außen etwas darzustellen, aber auch hier bröckelt der Putz. Es fehlt überall am Geld. Wenn ein Rumäne Arbeit hat, dann verdient er ein paar hundert Euro im Monat. Die Lebenshaltungskosten sind aber fast genauso hoch als in Deutschland. Wie sollen solche Rechnungen aufgehen? Und dann gibt es die großen ausländischen Firmen die hier produzieren weil es billige Arbeitskräfte gibt. Unser schöner Kapitalismus, wo die Reichen immer noch reicher werden und die Armen immer noch ärmer. Aber das Ist ein anderes Thema.
Unser Preis für die gestörtesten Autofahrer wird jetzt übrigens an die Rumänen weitergereicht. Am Anfang wundert man sich vielleicht noch warum so viele Kreuze an der Straße entlang stehen, aber nach ein paar 100 km und mehreren sehr gefährlichen Situationen ist alles klar. Hier gibt es fast dieselben Fahrregeln wie in Deutschland, nur dass sich hier keiner daran hält. Geschwindigkeitsbeschränkungen, Überholverbot, Zebrastreifen, Schilder im allgemeinen und rote Ampeln. Das beachtet hier keiner. Man wird hier im Ort an der roten Ampel stehend von einem Lastwagen mit gut 80 km/h überholt. Zu dritt auf zwei Spuren fahren ist hier auch angesagt. Funktioniert halt bei einem großen Wohnmobil nicht unbedingt. Wer Rumänien ohne Schramme mit dem Fahrzeug überlebt ist ein sehr guter Fahrer mit einem tollen Schutzengel. Toi, toi, toi, wir sind heil durchgekommen. Großes Lob an Andy, der zwar ab und zu geflucht hat, aber alles souverän gemeistert hat.
Eigentlich finde ich es sehr schade dass ich Euch so von diesem Land schreibe. Aber ich bin zu ehrlich um Euch etwas vorzumachen und das ist meine persönliche Meinung. Vielen anderen gefällt es hier. Aber ich habe, ohne Witz, jeden Tag überlegt was ich denn so positives berichten könnte. Also die Natur ist auf jeden Fall toll, besonders in Transylvanien, leider hat man davon nicht viel, weil man wegen der Hunde nicht wirklich abseits laufen will. Es gibt sehr viele Schafherden und Kuhherden die mit ihren Hirten durchs Land ziehen. Das ist wirklich sehr schön anzusehen. Und letztens haben wir welche gesehen die sackweise Müll zusammen gesammelt haben. Ein erster guter Schritt, das war aber vermutlich nur weil es in einer Touristenecke war. Und die Burgen und Schlösser und Gebäude sind wunderschön hier, aber eben alles am zerfallen, weil das Geld fehlt. Ich mag es wenn die Häuser nicht perfekt sind, aber wenn man dann sieht, dass an einem tollen, alten Schloß das Dach kaputt ist, dann ist das sehr schade und man weiß dass es nicht mehr lange so dasteht. Das gute Essen soll ich auch noch erwähnen hat Andy gemeint. Wir haben gut und günstig die rumänische Küche probiert und es war sehr lecker.
Am besten gefallen an Rumänien hat uns aber auf jeden Fall das Donaudelta. Wir sind morgens um acht mit einem Fischer auf seinem kleinen Boot raus und zwei Stunden durch die Natur gefahren bevor die vielen Touristenboote gekommen sind. Wir haben viele Möwen, Kormorane, Enten, Schwäne und sogar Pelikane und einen Eisvogel gesehen. Es war sehr beeindruckend und hat uns ein paarmal an die Karibikseite von Panama erinnert, wo wir 2016 waren.
Durch Rumänien sind wir jetzt zügig weiter. Auch weil es doch schon sehr kalt wurde in den Bergen. Dort hatten wir nachts schon Frost, am Schwarzen Meer waren es nachts noch mindestens 12 Grad.
Unser Grenzübertitt nach Bulgarien war nochmal heftiger als nach Rumänien. Wusstet ihr dass man kein Schweinefleisch nach Bulgarien mitbringen darf? Wir wussten es nicht und ich kam auch gar nicht auf die Idee da etwas nachzulesen, weil ich davon überzeugt war, dass es in der EU überall gleich ist. Erst wurden ewig unsere Reisepässe kontrolliert, dann kam eine Dame rein um zu schauen ob wir die richtigen Kinder an Bord haben, wir mussten durch eine Flüssigkeit durchfahren und dann wurde noch in unsere Schränke und den Kühlschrank geschaut und unsere guten Saitenwürstle und die Streichwurst von Lidls deutscher Woche aus Ungarn wurden einkassiert. Strafe gab’s keine, aber war schon ein komisches Gefühl und man kommt sich vor wie ein Schwerverbrecher. Früher waren unsere Kinderpässe immer der Grund warum wir an Kroatiens Grenze durchgewunken wurden, jetzt führen diese immer dazu, dass wir noch genauer kontrolliert werden. Wir vermuten dass es dabei um Kinderhandel und ähnliches geht. Unsere zwei werden immer sehr genau angeschaut.
In Bulgarien sind wir gerade erst angekommen, können aber schon sagen, dass es weniger Straßenhunde gibt, die Straßen besser sind, weniger Müll herumliegt und die Strände wirklich toll sind. Wir waren sogar schon im Wasser, bei Regen und 15 Grad. Jacky darf endlich wieder frei springen und richtig toben, das haben wir uns in Rumänien wegen der vielen Hunde nicht getraut. Wir sind guter Hoffnung, dass uns Bulgarien besser gefällt, aber die Wettervorhersage für die nächsten Tage sieht sehr schlecht aus, also wird es vermutlich zügig nach Griechenland gehen. Und darauf freuen sich schon alle, besonders Luca, da es sein Wunsch war dorthin zu gehen. Wir hoffen dass wir noch ein paar schöne, warme Tage haben bevor der Winter kommt.
Castelul de Lut de Valea Zanelor (aus denen werden mal Ferienhäuser) wie im Märchen
Schloss Bran, das Dracula Schloss
Das Donaudelta
Impressionen Rumänien
Impressionen Bulgarien
4 Comments
Ursula
1. Oktober 2018 at 08:41Das tut mir leid, dass euch Rumänien so gar nicht gefallen hat. Ich bin in diesem Jahr auch mit ganz vielen Vorurteilen nach Rumänien gereist und bin eines Besseren belehrt worden. Wir waren in Siebenbürgen,u.a. in Hermannstadt. So sauber und gepflegt, die Häuser liebevoll restauriert, die Lebenshaltungskosten erheblich niedriger als bei uns, wo bekommt man z.B. in einem guten Restaurant eine Pizza für nicht Mal drei Euro. Beispiele könnte ich ganz viele aufzählen. Da ich aus der Tourismus-Branche bin habe ich auch mit einigen rumänischen Kollegen gesprochen, die dort fast alle deutsch sprechen. Immer mehr Rumänien kehren zurück in ihre Heimat und möchten dort etwas aufbauen. Schmutz und Dreck habe ich nur einmal gesehen, als wir uns mit dem Auto total verfahren haben und in einem Dorf von man muss es leider sagen, Roma gelandet sind.
freiundweg
1. Oktober 2018 at 12:50Hallo Ursula,
danke für deinen Kommentar. Hermannstadt ist sehr touristisch, da mag das stimmen. Aber sobald es ins Hinterland geht liegt überall Müll am Straßenrand. Und was die Preise von Lebensmitteln und Benzin angeht sind wir fast auf deutschem Niveau. Aber essen gehen ist für unsere Verhältnisse wirklich noch sehr günstig. Ich wünsche es dem Land wirklich, dass sie noch einige Dinge auf die Reihe bekommen. Aber schön das es dir gefallen hat.
Viele Grüße
Nathalie 🙂
Roland Mattes
1. Oktober 2018 at 17:07Hallo Ihr 4 aus Oberschwaben,
wenn ich diesen Bericht lese von euch aus Rumänien muss ich etwas lachen aber auch es kommen wieder Gedanken bei mir auf.
Ihr schreibt wie es tatsächlich in Rumänien ist und auch zugeht.
Ich war ja beruflich in Rumänien ( Hermannstadt, Sibiu ) und war viel unterwegs an den Wochenenden.
Hermannstadt geht ja noch, aber im Land draußen eine echte Katastrophe. Häuser, Straßen, Hunde Müll usw. fürchterlich. Vroni war mal eine Woche bei mir im Urlaub wir waren dann auch in den Karpaten, Hochgebirge, Drakula usw. aber es war immer etwas unheimlich. Wir hatten gottlob ein Auto von meiner Firma, als mit rumänischen Kennzeichen damit wir nicht so aufgefallen sind.
Wünschen Euch weiterhin einen Guten Reiseverlauf.
Und schöne Tage.
Roland und Vroni
freiundweg
1. Oktober 2018 at 19:06Hallo ihr zwei,
danke für Euren Kommentar. In dem Fall geht es ja nicht nur uns so. Und mit einem deutschen Wohnmobil ist es nicht einfacher.
Viele liebe Grüße zu Euch nach Tuttlingen
Nathalie