Geburtsbericht Pablo – Hausgeburt

Am Samstag hatte ich nachts schon die ersten Wehen. Ich habe mich schon gefreut und gehofft dass es bald losgeht. Jeder Tag früher wäre besser gewesen. Ich wollte nicht mehr schwanger sein. Das war ich, ehrlich gesagt, die ganzen 40 Wochen nicht gerne, aber jetzt am Ende wurde es immer schlimmer. Ich hatte einen megadicken Bauch, alles war beschwerlich, ich war immer am schwitzen, bekam dann auch noch täglich Sodbrennen und bei jeder Kleinigkeit Rückenschmerzen.
Die Wehen verzogen sich wieder bis Sonntag Nacht um vier. Ab da kamen sie regelmäßig zwischen 5 und 10 Minuten und ich fing an zu zeichnen, das heißt, der Schleimpfropf der den Muttermund verschließt, ging langsam ab. Ein gutes Zeichen dass es bald losgeht. Ich habe vorsichtshalber morgens um sechs schonmal meiner Hebamme, die mich bei der Hausgeburt begleitet, eine Nachricht geschrieben, dass es eventuell bald losgeht. Es war schwierig für mich den richtigen Moment zu finden um ihr zu sagen wann sie kommen soll. Den ganzen Tag über hatte ich mal mehr, mal weniger Wehen. Der Abstand wurde dann auch wieder größer zwischendurch. Schlafen ging aber leider gar nicht mehr. Mittags habe ich noch mit meinem Ältesten Sohn für seine mündliche Englisch Prüfung am nächsten Tag gelernt und veratmete da schon im fünf Minuten Takt die Wehen. Das war dann auch der Moment wo ich meinem Mann Andy geschrieben habe, dass er jetzt bitte dann kommen sollte. (Er hat meinen Eltern noch was geholfen) Kaum war er da, wurden die Wehen wieder weniger und wir haben dann auch versucht nochmal zu schlafen. Das hat leider nicht geklappt. Ich stand regelmäßig in Kontakt mit meiner Hebamme und als die Wehen dann regelmäßig zwischen drei und fünf Minuten kamen habe ich ihr dann Nachts um halb drei angerufen. Und wie es manchmal blöd läuft, war sie schon bei einer anderen Hausgeburt. Sie sagte mir dann, dass sie ihre Vertretung Silke schickt. Silke hatte ich vorher noch nie gesehen und im ersten Moment dachte ich nur „scheiße, hoffentlich passt das mit ihr.“ Eine Wahl hatte ich sowieso nicht und war auch froh, dass es überhaupt eine Vertretung gab. Außerdem hatte ich zu Saskia, meiner eigentlichen Hebamme, so viel Vertrauen, dass sie auch nur eine gute Vertretung haben konnte.
Als Silke dann nach einer Stunde kam, lag ich in der Badewanne. Wir lernten uns etwas kennen und, wie erwartet, war sie genauso toll wie Saskia. Sie ließ mich größtenteils machen, gab Tipps und Hilfestellungen, hörte ab und zu die Herztöne und war einfach da. Mein Mann brachte mir noch eine Käseplatte zur Stärkung ins Bad. Die Wehen zogen sich dahin und mittlerweile war dann nix mehr mit gut veratmen. Ich hatte starke Schmerzen und war so kraftlos. Die Nacht vorher ohne Schlaf steckte in meinen Knochen. Um etwa 6 Uhr tat sich immer noch nichts und wir liefen gemeinsam mit dem Hund um den Block. Wir gaben bestimmt ein lustiges Bild ab, als ich alle paar Meter auf Silke oder Andy gestützt, versuchte die Wehen zu veratmen. Für die paar Meter haben wir auf jeden Fall noch nie so lange gebraucht.
Saskia hat sich dann nochmals gemeldet, dass ihre Geburt soweit ist und sie uns noch Johanna, die Hebammenschülerin, schickt. Johanna hat sich dann nur im Hintergrund gehalten, alles beobachtet und aufgeschrieben.
Mittlerweile hatte ich schon Presswehen aber es ging immer noch nichts vorwärts. Silke hat mich dann nochmals untersucht und festgestellt dass der Bauchzwerg zwar mit dem Kopf nach unten, aber verkehrt herum liegt und es deshalb so lange dauert. Ein Sternengucker. Da meine Fruchtblase noch ganz war, sah sie aber gute Chancen, dass wir es schaffen den Zwerg zu drehen. Ich stellte mich im Vierfüsslerstand aufs Bett, den Kopf nach unten gesenkt und Silke umfasste meine Hüften und schüttelte kräftig. Auch während den Wehen, in denen ich dann auch versuchen sollte nicht zu pressen. Das hat irgendwie nicht so richtig geklappt, aber nach einigen sehr unangenehmen und sehr schmerzhaften Wehen, hat sie es geschafft.
Mittlerweile war ich so kraftlos dass ich die Minute zwischen den Wehen einige Male eingeschlafen bin. Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so erschöpft und müde. Andy stand die ganze Zeit an meiner Seite und hielt meine Hand. Er erzählte mir dann später dass er irgendwann seinen Ehering abgenommen hat, weil ich seine Hand immer so zugedrückt habe.
Noch im Bett platzte dann die Fruchtblase und danach ging es relativ schnell. Ich versuchte immer wieder andere Stellungen, aber am wohlsten habe ich mich dann stehend an der Fensterbank gefühlt. Ich hatte zwar keine Kraft mehr raus zuschauen, wo es schon lange hell war, aber ich konnte meinen Kopf auf die Fensterbank auflegen und die Schwerkraft half mir unser Baby endlich auf die Welt zu bringen. Saskia, ihr wisst ja, meine eigentliche Hebamme, kam dann auch noch und das genau im richtigen Moment. Ich stand an meiner Fensterbank und hatte keine Kraft mehr zu pressen. Saskia stellte sich neben mich und hat mich noch einmal richtig motiviert und dann kam auch schon das Köpfchen. Es rutschte immer wieder zurück, aber irgendwann war der Kopf da und kurz darauf, um 10. 08 Uhr, endlich unser Baby. Er war schon so wach und hat uns mit großen Augen angesehen und auch schon sein Köpfchen gehoben, als wollte er uns fragen, warum das denn so lange gedauert hat. Zum ersten Mal bekam ich bei der Geburt keinen Dammschnitt und es ist auch nur so minimal gerissen, dass nicht einmal genäht werden musste.
Ich legte mich kraftlos, glücklich und wieder hellwach ins Bett und mein nackter, in ein warmes Handtuch gewickelter kleiner Pablo wurde sofort auf mich gelegt und er durfte dann auch zum ersten Mal an meiner Brust trinken. Ich glaube erst da, stellten wir fest, dass wir doch kein Mädchen bekommen haben, sondern einen gesunden, starken Jungen. Er war perfekt.
Die Plazenta kam dann problemlos nach einigen Minuten und erst danach hat Andy dann mutig die auspulsierte Nabelschnur durchschnitten. Ich und Andy hatten den kleinen Wurm bestimmt schon eine Stunde auf dem Bauch liegen, als meine Hebammen dann die U1 gemacht haben, mit wiegen, messen und checken ob alles dran und gesund ist.
Es war so schön, gemütlich und harmonisch. Es gab keine Hektik und wir konnten zu dritt dann einfach noch im Bett liegen und etwas frühstücken. Unsere drei Hebammen haben sich dann auch gestärkt.
Meine zwei Großen haben sich irgendwann auch aus ihrem Zimmer getraut um ihren kleinen Bruder zu begrüßen. Sie haben zwar auf eine Schwester gehofft, waren aber auch gleich ganz verliebt in Pablo. Bei der Geburt wollten sie nicht dabei sein.
Schon lustig, dass ich zuerst fast keine Hausgeburtshebamme gefunden hatte und dann letztendlich mit zwei plus Schülerin die Geburt erlebt habe. Ich bin so dankbar diese Erfahrung gemacht zu haben. Andy war einer Hausgeburt gegenüber anfangs sehr skeptisch, da er kein Blut sehen kann und großen Respekt davor hatte. Außerdem war die Hebamme ja eine Stunde Fahrt entfernt und eine riesen Sauerei gibt das bestimmt auch. Nach dem ersten Gespräch mit ihr, war er dann einverstanden damit und jetzt würde er es nicht mehr anders machen. Ich war übrigens dann noch so mutig und habe ein Eckchen von der Plazenta in einem Apfel-Bananen Smoothie getrunken. Ich weiß nicht ob es geholfen hat, aber meine Nachwehen waren ganz leicht und meine Gebärmutter hat sich schnell zurückgebildet. Auch die ersten Tage waren perfekt. Ich blieb noch viel im Bett, obwohl ich eigentlich viel schneller fit war als bei den anderen zwei Geburten, wurde rundum von meinem Mann versorgt und kümmerte mich einfach um dieses kleine, perfekte Wesen das unbedingt noch zu uns wollte. Auch wenn die Schwangerschaft ungeplant und unerwartet war, können wir jetzt sagen, dass er noch gefehlt hat. Er macht unsere Familie komplett. Danke, kleiner Pablo dass Du uns ausgesucht hast.
Und danke ihr lieben Hebammen, ihr seid Superheldinnen, nur ohne Cape. Trotz allen Steinen die euch in den Weg gelegt werden kümmert ihr euch mit aller Kraft und Liebe um uns Frauen bei den Hausgeburten.

Nach meiner ersten Geburt 2004 hatte ich ein Geburtstrauma. Nur konnte ich das damals nicht benennen und ich kannte sowas auch nicht. Ich habe das erst durch meine zweiten Geburt 2006 (auch im Krankenhaus), bei der es kaum Eingriffe gab, verarbeitet. Die dritte, die Hausgeburt, rundet jetzt alles noch ab. Obwohl ich mich auf eine schmerzfreie Geburt vorbereitet habe, das aber leider nicht so geklappt hat, ich etwa 30 Stunden Wehen hatte, war diese Geburt schön. Hier gab es keine Eingriffe von außen, keine PDA, keine Saugglocke, keinen Dammschnitt, keine unnötigen Untersuchungen, hier war einfach noch das Vertrauen in die Frau da. Wir sind dafür gemacht Babys zu gebären. Und wenn man uns lässt dann können wir das, fast immer, auch ganz alleine. Ich kann nur jedem der über eine Hausgeburt nachdenkt dazu raten. Es ist nicht verantwortungslos, sondern ihr übernehmt in dem Moment die Verantwortung und gebt sie nicht an der Krankenhaustür ab.

Wie war denn Eure Geburt? Schreibt mir gerne, falls ihr noch Fragen habt. Familie@freiundweg.de

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